Radebeul. Der Name Sächsische Schloss- und Beschlagschmiede lässt im ersten Moment ein herrschaftliches Anwesen mit großzügiger Gestaltung und Repräsentationsräumen vermuten. Etwas anders ist der erste Eindruck von dem Betrieb von Roberto Weigel in Radebeul-West, der sich seit 20 Jahren mit viel Improvisationskunst auf engem Raum als Experte für Sicherheitstechnik und Restaurierung in der Welt der Schlösser und Schließanlagen deutschlandweit einen Namen gemacht hat.
Der letzte Spezialauftrag liegt schon ein paar Tage zurück, aber Roberto Weigel von der Sächsischen Schloss- und Beschlagschmiede erzählt davon nach wie vor mit Begeisterung: Im Schloss Wilhelmshöhe in Kassel muss der Südflügel - der sogenannte Weißensteinflügel - für anstehende Baumaßnahmen beräumt werden.
Bei der umfangreichen Bestands- und Zustandserfassung der mehr als 250 Objekte stellte sich heraus, dass zu einem spätbarocken Schrank für das zweite Schloss der Schlüssel fehlte - in Pik-Form. Kurzerhand wurde das zweite verfügbare Schloss des Schrankes ausgebaut und Roberto Weigel machte sich an die Arbeit.
Alte Handwerkstechnik
„So etwas habe ich noch nie hergestellt“, sagt der Feinmechaniker und Metallrestaurator, „mir war zwar klar, dass ich den Schlüssel nachbauen kann, aber nur mit uralten Handwerkspraktiken.“
Als Erstes musste er einen Negativabdruck für den Schlüssel aus der Schlüsselpfeife des Schlosses herstellen, um den das vorbereitete Blech im glühenden Zustand mithilfe von Werkzeugpunzen eingeformt wurde. Den so entstandenen Schlüsselhalm hat er in die Schlüsselpfeife eingepasst - einzige Werkzeuge dafür waren Feilen.
Den Schlüsselbart mit Ansatz stellte er als Nächstes her, um dann alles mit einem anderen barocken Reide (Schlüsselgriff) zusammenzufügen. „Vor Ort musste dann die Seitenbruchsicherung des neuen Schlüssels mit einer Feile eingefügt werden“, sagt Weigel stolz, „das Schloss ließ sich wieder öffnen.“
Dass ein Zufall in seinem Leben zu seiner Profession wurde, ahnte Roberto Weigel 1992 noch nicht, als er beim Schlüsseldienst Schäfer auf der Meißner Straße als Mitarbeiter eingestellt wurde.
Nachdem der gebürtige Radebeuler 2000 seinen Meister in Feinmechanik gemacht hatte und dazu eine Ausbildung zum Metallrestaurator absolvierte, übernahm er den Schlüsseldienst und gründete dort die Sächsische Schloss- und Beschlagschmiede mit historischem Baustoffhandel. „Ich hatte den Wunsch, etwas Besonderes zu machen“, beschreibt Weigel seinen Werdegang, „Schlüsseldienst allein hat mir nicht gereicht.“
1,5 Millionen Schlüssel im Archiv
Er kaufte ein auf Trödelmärkten, in Schlossereien, bei Firmen und Privatleuten und räumte dafür den Keller der Firma frei. „Ich habe mittlerweile das größte Archiv mit mehr als 1,5 Millionen archivierten Schlüsseln“, sagt Weigel, „hinzukommen mehr als 1.000 Schlösser und Beschläge.“
Seine Kunden kommen aus ganz Deutschland zu ihm, er öffnet jedes Schloss, sei es an Türen, Toren oder auch Truhen, Tresoren und alten Kriegskassen. Zusammen mit seinen vier Mitarbeitern und einem Lehrling werden Sonderanfertigungen hergestellt. Aber auch für die alltäglichen Dienste rund um den Schlüssel steht Roberto Weigel seinen Kunden zur Verfügung.
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August 11, 2020 at 10:00AM
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Er kann jede Tür öffnen - Sächsische Zeitung
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